Zurück zur Liste

Kann Radtourismus in Naturgebieten zur Erhaltung der Biodiversität beitragen?

Freitag, 25. Juni 2021
Ein Blick auf die heutige Welt kann eine Mischung aus Ehrfurcht und Entsetzen hervorrufen. Einerseits gibt es eine so große Vielfalt an Landschaften, Tieren und Pflanzen, dass ein ganzes Leben nicht ausreichen würde, um all ihre Wunder zu erkunden. Andererseits hat die heutige Lebensweise viele unbeabsichtigte Folgen, die zur Zerstörung unserer wertvollen Artenvielfalt führen. Wie wir in diesem Artikel erkunden, kann der Fahrradtourismus ein Verbündeter bei den Bemühungen sein, die Vielfalt des Lebens zu erhalten.

Biodiversität bezieht sich auf alle Arten von Leben, die in einem Gebiet zu finden sind, unter anderem die Vielfalt der Tiere, Pflanzen, Pilze und Mikroorganismen, die die natürliche Welt ausmachen. (1) Diese lebenden Organismen arbeiten in Ökosystemen zusammen, halten ein fragiles Gleichgewicht aufrecht und unterstützen das Leben. Biodiversität ist wichtig, denn Ökosysteme liefern uns die gesamte Nahrung (mit Ausnahme von Salz und Wasser), 40 % unserer Medizin und zahlreiche Materialien und Funktionen wie z. B. die Reinigung der Luft, die wir atmen. (2) Darüber hinaus ist die biologische Vielfalt eng mit der Klimaregulierung verbunden und wirkt auch psychologisch beruhigend: Der Aufenthalt in vielfältigen Naturräumen kann helfen, unser seelisches Gleichgewicht zu erhalten.

Doch die Natur und die biologische Vielfalt in Europa erleben einen ernsthaften und fortschreitenden Rückgang, so der Bericht der Europäischen Umweltagentur vom April 2021 zum Zustand der Natur. (3) Untersuchungen haben gezeigt, dass einige Ursachen für den Verlust der biologischen Vielfalt landwirtschaftliche Aktivitäten, Urbanisierung und Verschmutzung sind, und dies ist eine ernsthafte Bedrohung für den Fortbestand des Lebens und des Wohlbefindens in den kommenden Jahren.

Um dem Verlust der biologischen Vielfalt und der Störung von Ökosystemen entgegenzuwirken, hat die Europäische Union das Schutzgebietsnetz Natura 2000 eingerichtet, um das Überleben der wertvollsten Arten und Lebensräume Europas zu sichern. (4) Es umfasst über 27.300 einzelne Gebiete, die 18 % der europäischen Landfläche der EU-Mitgliedstaaten entsprechen. Es ist Teil des vom Europarat (5) ins Leben gerufenen Emerald Network, eines ökologischen Netzwerks aus Gebieten von besonderem Schutzinteresse, (6) an dem auch Nicht-EU-Länder beteiligt sind.

Navarra
Navarra copyright: P. Plazaola

Es gibt viele Möglichkeiten, wie #MoreCycleTourism zum Erhalt und Schutz der Biodiversität beitragen kann. Die Entwicklung und Förderung des Radtourismus, insbesondere in Naturgebieten, sollte mit Blick auf die Biodiversität erfolgen - unter Verwendung nachhaltiger Materialien beim Bau neuer Infrastruktur und mit möglichst geringen Auswirkungen auf die Ökosysteme und die Wege, die von den Wildtieren in dem Gebiet genutzt werden, während gleichzeitig die besonders gefährdeten Zonen unter striktem Schutz stehen.

Aber wenn es mit Bedacht erfolgt, kann es ein weiteres Argument sein, das Fahrrad in Naturräume zu bringen, um diese Gebiete zu schützen, die somit einen zusätzlichen touristischen und wirtschaftlichen Wert erhalten. Der Radtourismus trägt jedes Jahr 44 Milliarden Euro zur europäischen Wirtschaft bei und übertrifft damit zum Beispiel die Kreuzfahrtindustrie. (7) Und da RadtouristInnen sich von den traditionellen Massentourismuszielen entfernen, können diese wirtschaftlichen Vorteile ländliche Gebiete stärken und auch einen Anreiz darstellen, sich um geschützte Gebiete zu kümmern, da diese für viele Radreisende von Interesse sind und deren Reisewahl voraussichtlich beeinflussen werden.

Ein Hauptziel des laufenden Interreg Europe ECO-CICLE Projekts ist es, das Fahrrad zum offiziellen nachhaltigen Verkehrsmittel zu machen, um Naturerben und Schutzgebiete zu erkunden. Die Fokussierung auf Fahrradrouten anstelle von Autoinfrastruktur in Naturgebieten würde einen großen positiven Einfluss auf die Biodiversität haben. Fahrradinfrastruktur benötigt weniger Platz, was im Endeffekt weniger versiegelte Böden, weniger Bodenverschmutzung und weniger Wasserverschmutzung bedeutet. (8) Und im Gegensatz zu Autobahnen, die geschützte Gebiete durchqueren, schränkt Radinfrastruktur nicht unbedingt die Mobilität der Tierwelt und das Ökosystem des Gebietes ein.

Zu den Maßnahmen, die die Europäische Umweltagentur zum Schutz der Natur und zur Umkehrung der Schädigung der Ökosysteme bis zum Jahr 2030 (9) identifiziert hat, gehören die Einrichtung eines größeren EU-weiten Netzwerks von Schutzgebieten an Land und auf See sowie der Start eines EU-Naturwiederherstellungsplans, der die Wiederherstellung von 25.000 km Flüssen in einen frei fließenden Zustand vorsieht. Darüber hinaus hat die EU einen Plan, mehr Natura-2000-Gebiete durch grüne Infrastruktur-Landschaftselemente für die Bereitstellung von Ökosystemleistungen zu verbinden. (10)

Es macht so viel Sinn, die Kräfte zu bündeln! Die Einbeziehung nachhaltiger Radverkehrsentwicklungen in diese Wiederherstellungspläne könnte langfristig die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Vorteile der Vorhaben vervielfachen. Was natürliche und naturnahe Landschaftselemente angeht, die als Verbindungselemente von Natura-2000-Gebieten dienen, so können hier auch Greenways eine Rolle spielen.

EuroVelo and Protected Areas in the EU.png
EuroVelo and Protected Areas in the EU.png EuroVelo

Radtourismus wird helfen, wenn er auf die richtige Weise erfolgt

Biodiversität wird für das menschliche Leben benötigt und sollte geschützt und wiederhergestellt werden, wo es nötig ist, aber nicht nur aus einem streng biologischen Blickwinkel heraus. #MoreCycleTourism ist ein Weg, unsere Begeisterung für die Entdeckung der Welt wieder zu wecken und gleichzeitig die Kraft und den Elan zu entwickeln, Teil der Veränderung zu sein! Das Fahrrad anstelle anderer Verkehrsmittel für den Urlaub zu wählen, ist eine Entscheidung, die viele positive Auswirkungen auf die Natur und die Artenvielfalt hat. Aber natürlich muss auch das Reisen mit dem Fahrrad verantwortungsbewusst durchgeführt werden. Zum einen, indem man die Fahrradstrecke auf nachhaltige Weise erreicht, indem man zum Beispiel den Zug dem Flugzeug vorzieht. Und vor allem, indem man insgesamt respektvoll mit der Natur umgeht und darauf achtet, keinen Schaden anzurichten, wenn man sie mit dem Fahrrad durchquert.

Lassen Sie uns mit den 7 Prinzipien der "Leave no trace"-Bewegung abschließen... Das sind prima Punkte, die man während des Radurlaubs im Hinterkopf behalten sollte, um gut auf unsere zerbrechlichen Ökosysteme Rücksicht zu nehmen!

  • Reisen und campen Sie auf befestigten Oberflächen: Um das Gebiet zu schonen, bleiben Sie auf Radwegen, die für eine optimale Fortbewegung gebaut wurden. Wenn Sie in der Wildnis campen, wählen Sie Ihren Campingplatz sorgfältig aus, je nach der Fragilität der Flora und des Bodens, der möglichen Störung von Wildtieren, einer Einschätzung früherer Einwirkungen und Ihrer eigenen Möglichkeiten, Schäden zu verursachen oder zu vermeiden.
  • Lassen Sie, was Sie vorfinden: Belassen Sie Gebiete so, wie Sie sie vorgefunden haben. Graben Sie keine Gräben, beschädigen Sie keine lebenden Bäume und Pflanzen, und vermeiden Sie das Entfernen von Blumen oder Steinen, da dies erhebliche Auswirkungen hat, wenn alle anderen das gleiche tun.
  • Respektieren Sie Wildtiere: Lernen Sie die Tierwelt durch ruhiges Beobachten kennen und vermeiden Sie es, Tiere und Pflanzen zu stören. Schnelle Bewegungen und laute Geräusche sind für die Tiere stressig. Heben Sie Wildtiere nicht auf und füttern Sie sie nicht.
  • Seien Sie rücksichtsvoll gegenüber anderen BesucherInnen: Die meisten Menschen sind in Naturgebieten unterwegs, um sich mit der Natur zu verbinden und ihr zu lauschen. Respektieren Sie diese besondere Zeit, die sie sich selbst geschaffen haben, aber zögern Sie nicht, Hallo zu sagen. Radreisen sind eine gute Möglichkeit, Begegnungen am Wegesrand zu machen!

Autorin: Florence Grégoire

(1).https://www.worldwildlife.org/pages/what-is-biodiversity https://www.worldwildlife.org/pages/what-is-biodiversity

(2).https://www.natagora.be/faqs/la-biodiversite-quoi-ca-sert https://www.natagora.be/faqs/la-biodiversite-quoi-ca-sert

(3). https://www.eea.europa.eu/themes/biodiversity/state-of-nature-in-the-eu

(4). https://www.eea.europa.eu/data-and-maps/data/natura-11

(5). https://www.eea.europa.eu/themes/biodiversity/europe-protected-areas

(6). https://www.coe.int/en/web/bern-convention/emerald-network

(7). https://ecf.com/resources/cycling-facts-and-figures

(8). https://ecf.com/resources/cycling-facts-and-figures

(9). https://ec.europa.eu/environment/strategy/biodiversity-strategy-2030_en#the-business-case-for-biodiversity

(10). https://www.eea.europa.eu/themes/biodiversity/green-infrastructure/building-a-coherent-trans-european