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EV6

Solo reisen auf EuroVelo 6 mit Lauren Pears

Montag, 2. Dezember 2019
Lauren Pears machte im vergangenen Sommer eine dreimonatige Solo-Fahrradtour durch Europa – von London nach Istanbul – bei der sie den größten Teil der Strecke auf EuroVelo 6 – Atlantik - Schwarzes Meer unterwegs war. Die Reise sollte Geld für den World Wildlife Fund zusammenbringen und die Idee des umweltfreundlichen Reisens fördern. Sie beschloss diesen Monat, ihre inspirierenden Abenteuer mit der EuroVelo-Community zu teilen!

Wir haben das Jahr 2018 und ich schaue mir eine Dokumentation auf Netflix über einen Mann namens Felix Starck an. Felix Starcks Dokumentarfilm - Pedal The World - handelt von seiner 18.000 km langen Fahrradtour um die Welt. Fasziniert schaue ich zu, wie diese Person von ihrer Heimatstadt in Deutschland aufbricht und sich auf den Weg nach Neuseeland macht. Der Rückweg nach Deutschland führt über die Vereinigten Staaten. Ich erinnere mich, dass ich dachte: "Wenn dieser Mann es schafft, mit dem Fahrrad um die Welt zu fahren, werde ich es wenigstens schaffen, quer durch Europa zu radeln." Da ich fast keine Erfahrung auf Langstrecken-Radreisen hatte, war dies definitiv eine meiner verrücktesten Ideen.

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Nationalpark Đerdap in Serbien

Etwas mehr als ein Jahr später machte ich mich mit meinem Fahrrad von zu Hause am Rande Londons auf den Weg. Das Ziel war Istanbul. Freunde und Familie waren besorgt - als Frau alleine - aber ich war fest entschlossen. Bald habe ich mich an den Lebensstil als Radreisende gewöhnt. Das Zelt wird auf- und abgebaut, Packtaschen ab- und beladen. Es war eine simple Art zu leben, und ich muss sagen, ich fing an, es zu genießen. Alles, was ich brauchte, trugen meine zwei Räder, das war ein befreiendes Gefühl.

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EuroVelo 6 in Frankreich

Aus logistischer Sicht war die Planung der Route einfach. EuroVelo 6 erstreckt sich vom Atlantik bis zum Schwarzen Meer, so dass ich den größten Teil der Strecke auf dieser Route verbringen konnte. Auf dem Papier schien die Entfernung zwischen London und Istanbul außerordentlich groß zu sein - und ich nehme an, das ist auch so. EuroVelo 6 führte mich in einige der größten Städte Europas, darunter Wien, Bratislava und Budapest. Ich fuhr durch die Stadt Ulm, die den höchsten Dom der Welt beheimatet, durch atemberaubende Nationalparks und zum Rheinfall, dem stufenförmigen Schweizer Wasserfall. Die Sehenswürdigkeiten und Abenteuer, die ich täglich erlebte, ließen die Entfernung fast irrelevant erscheinen.

Ernest Hemingway sagte einmal: "Mit dem Fahrrad lernt man die Konturen eines Landes am besten kennen." Das ist wahr! Reisen mit dem Fahrrad zwingtquasi dazu, ganz in die Umgebung einzutauchen. Den Naturgewalten ausgesetzt, spürt man die Sonne auf der Haut und den Wind im Haar. Zwitschernde Vögel, rauschende Flüsse und der Kies unter den Reifen umgeben einen. Mit dem Fahrrad unterwegs zu sein, bedeutet, alles um sich herum wahrzunehmen, alles zu hören und zu riechen. Als ich langsam durch Europa radelte, klangen Hemingways Worte so wahrhaftig. Die meisten Tage fuhr ich an Flüssen entlang, durch Wiesen und farbenfrohe Dörfer. In der Schweiz, Deutschland und Österreich gibt es einige der schönsten Märchenstädte, die man sich vorstellen kann, mit exzellentem Kaffee, Wein und Gebäck. Ich machte Halt in diesen hübschen Städten und setzte mich für eine Weile hin, um dem Rhythmus des Lebens dort zuzuschauen.

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Rathausplatz in Mühlhausen

Das Highlight Westeuropas war jedoch die Landschaft Wachau. Die 38 km lange Strecke zwischen Melk und Krems in Österreich führt an wunderschönen Flusstälern, rustikalen Dörfern und üppig bewachsenen Weinbergen entlang. Dort ging ich zur Weinprobe und besuchte die prächtige Benediktinerabtei Stift Melk, die über der Donau erstrahlt.

Mein Lieblingsland der Reise war allerdings - mit Abstand - Serbien. Ich wusste nicht viel über das Land, abgesehen von negativen Darstellungen in der westlichen Presse von Gewalt und Krieg. Also fühlte ich mich bei der Einreise etwas unwohl. Im Nachhinein hätte ich mir jedoch keine Sorgen machen müssen, denn alle Menschen, denen ich begegnet bin, begrüßten mich mit größter Gastfreundschaft und Herzlichkeit. Zum Beispiel überreichte mir ein Lastwagenfahrer eine Tüte Orangen, während ich an einer Tankstelle anhielt; ein freundlicher Mann bezahlte meinen Kaffee in einem Café, nachdem er von meinem Fahrrad fasziniert war, und mir wurden auf jedem Campingplatz kostenlos Erfrischungsgetränke angeboten.

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EuroVelo 6 in Deutschland

Auch die Sehenswürdigkeiten waren spektakulär, denn EuroVelo 6 führte mich durch die pulsierenden Städte Novi Sad und Belgrad. Darüber hinaus führte mich die Route auf ruhigen Wegen am Fluss entlang, und besonders beeindruckt war ich von dem atemberaubenden Nationalpark Djerdap. Dank EuroVelo war diese Reise so unglaublich für mich! Als allein reisende Frau fragte ich mich, ob ich mich immer sicher fühlen würde. Würde ich mich verirren? Würde ich mich allein fühlen? Würde ich im Dunkeln festsitzen und keinen Campingplatz mehr finden? Diese Sorgen verflüchtigten sich schnell, da EuroVelo 6 über eine gute Infrastruktur verfügt. Die Route ist gut ausgeschildert und verfügt über viele Campingplätze, Supermärkte und Fahrradgeschäfte. Oft waren viele weitere Radreisende auf den Campingplätzen, so dass ich immer gleichgesinnte Menschen zum Reden fand und mich als Teil einer Gemeinschaft fühlte. Es war eine traumhafte Reise.

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Ihr Fahrrad

Und so kam ich nach 89 Tagen und über 4.500 km in Istanbul an. Durch das Chaos dieser weitläufigen Metropole zu radeln, gab mir das Gefühl, auf dem Dach der Welt zu sein; lebendig und wissend, dass ich zu allem fähig bin. Diese Reise brachte mich dazu, mich in Fahrradreisen zu verlieben. Es machte mir deutlich, bewusst im Moment zu leben; anzuhalten, zuzuhören und zu riechen, anstatt nur voranzuschreiten. Europa ist so vielfältig, und es gibt eine Menge zu sehen. Ich kann mir keine bessere Möglichkeit mehr vorstellen, als den Kontinent auf dem Fahrrad zu erkunden.

Lesen Sie mehr über Laurens Abenteuer in ihrem Blog: www.laurenstraveldiary.com. Auf Instagram und Twitter ist sie zu finden. Mit Lauren's Fahrradtour wurde der World Wildlife Fund unterstützt.