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EV19

EuroVelo 19 - An den Ufern der Maas

Mittwoch, 29. Januar 2020
Lukas Sentner ist ein europäischer „slow traveller“ und begeisterter Radfahrer. Seit 2018 hat er über 10.000 km rund um den Globus leidenschaftlich auf seinem Fahrrad zurückgelegt. Seine längste Reise führte ihn quer durch Skandinavien für die UNICEF-Wohltätigkeitsaktion Dreams are borderless. Wir freuen wir uns, diesen Monat die Erfahrungen von Lukas mit der EuroVelo-Gemeinschaft zu teilen!

Das Leben ist schöner auf dem Fahrrad - das trifft mit Sicherheit auf mich zu! Nachdem ich zuvor das Europäische Radwegenetz auf meiner Reise von Berlin zum Nordkapp bereits genutzt habe, war mir klar, wie ich den Sommer 2019 verbringen möchte. Damals lebte und arbeitete ich in Brüssel und freundete mich mit einem Belgier namens Jan aus Maaseik an, der die Begeisterung am Radfahren mit mir teilte. Sein Kindheitstraum war es immer, den gesamten Maasradweg mit dem Fahrrad zu fahren. Im Jahr 2018 waren wir entlang Norwegens nördlichster Fjorde geradelt, bevor wir auf der EuroVelo 1 - Atlantikküsten-Route zur Insel Senja fuhren. Auf dieser Reise beschlossen wir, dass wir im folgenden Jahr die EuroVelo 19 in Angriff nehmen würden!

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Lukas Sentner auf seinem Fahrrad

Genau genommen ist die Route der EuroVelo 19 1.050 km lang und führt durch drei verschiedene Länder in Westeuropa - Frankreich, Belgien und die Niederlande. Sie verläuft genau entlang der Maas und verbindet die französische Hochebene von Langres mit Rotterdam über Hoek van Holland. Dort mündet die Maas in die Nordsee.

Die EuroVelo 19 ist die jüngste Route im Europäischen Radwegnetz, die Anfang 2019 hinzukam. Mitte August begann ich meine Reise in Brüssel und radelte in Richtung Süden, flussabwärts zur französischen Quelle der Maas. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass sich durch diese zusätzliche Fahrt sowie ein paar Umwegen, die offizielle Distanz auf rund 2.000 km verdoppeln würde.

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Blick über die Maas

Nachdem ich 96 km geradelt war und die wallonische Hauptstadt Namur durchquert hatte, landete ich in einem kleinen Dorf namens Lessive. Mitten in der Landschaft genoss ich diesen Teil Belgiens, ganz abseits der Straßen. Über die Radfahrerplattform Warmshowers kam ich mit Oriane und Baptiste in Kontakt, die mich in ihrem Haus willkommen hießen. Nach zweijähriger Nutzung der Plattform Warmshowers.org, kann ich sie jedem Radreisenden sehr empfehlen. Es basiert auf den Prinzipien des Couchsurfing. Ich muss ehrlich sagen, es ist schwer mit Worten zu beschreiben, wie viele ehrliche und großartige Menschen ich getroffen habe - genau wie an diesem Tag! Nochmals, "grand merci" an Oriane und Baptiste! Ich werde nie den süßen Geschmack der Tomaten, die ich auf der Öko-Farm um die Ecke gekauft habe, vergessen. Nachdem ich 100 verschwitzte Kilometer mit überraschender Steigung und anchließendem Muskelkater gefahren war, lieferten sie richtig viel Energie.

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Eindrucksvolles Viadukt an der Maas

Einige Tage später traf ich meinen Freund Jan auf dem "Festival International des Arts de la rue de Chassepierre" in der Gegend von Florentville. Wir hatten viel Spaß beim Beobachten verschiedener Arten von künstlerischen Darbietungen, wie Jongleuren und Clowns. Das Gebiet des Nationalparks der französischen Ardennen ist mit sehr guten Radwegen ausgestattet und in der Natur kann man wild Zelten. Noch immer träume ich von den schönen Sonnenaufgängen und der Natur.

Am 22. August 2019 erreichten wir schließlich die Quelle der Maas in dem kleinen Dorf Pouilly-en-Basigny. Tagelang waren wir bei einer Hitze von 35 Grad geradelt, hatten bis zu 5 Liter Wasser pro Tag getrunken und uns über unsere Grenzen hinausgetrieben. Einige Meter vor der Flussquelle erklärte uns ein Einheimischer den schlechten Zustand, den der Fluss in den letzten Jahren erlebt hatte. Wir konnten es tatsächlich sehen. Die Quelle trug nur wenige Tropfen Wasser wegen der sich ändernden Klimabedingungen. Dies war ein sehr deutlicher Beweis für die Folgen der Klimakatastrophe in Europa. In stiller Enttäuschung begannen Jan und ich von dort aus, dem offiziellen Teil der EuroVelo 19 zu folgen - jetzt in Richtung Norden.

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Abkühlung nach einem Tag auf dem Fahrrad

Nachdem wir die Stadt Neufchâteau passiert hatten, kamen wir in Domrémy an, dem Geburtsort von Jeanne d'Arc. Wir fuhren weiter in Richtung Commercy und Saint-Mihiel und erreichten die Stadt Verdun. Traurigerweise ist dieser Ort für die große Schlacht bekannt, in der während des Ersten Weltkriegs Hunderttausende von Soldaten starben.

Der beste und angenehmste Teil der Reise war sicherlich das Radfahren über 100 km im Maastal im Parc Naturel Régional des Ardennes von Charleville-Mézières nach Givet. Diese letzte kleine Stadt an der französisch-belgischen Grenze mit der kleinen überblickenden Zitadelle von Charlemont, hat uns besonders gefallen. Schließlich waren wir wieder in der Wallonie, bonjour! Binnen weniger Kilometer kamen wir in Dinant an. Dieser Ort mit seiner prächtigen Kulisse an einem gewaltigen Felsen ist die Geburtsstadt von Alfred Sax. Hier hielten wir für eine erholsame Mittagspause und ein leckeres Eis im kalten Schatten auf.

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Dinant mit der prächtigen Kulisse
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Lukas Sentner

Später schafften wir es nach Limburg, wo Jan geboren wurde - für ihn ein sehr heimisches Gebiet. Das flache Gelände dort ist im Allgemeinen ideal für einfaches Radfahren. Dank Jan machten wir einen weiteren Abstecher zu den Seen von De Wijers, wo Sie direkt an der Kreuzung 91 eine große Überraschung für Radfahrer finden! Weitere Informationen finden Sie bei "Radeln durchs Wasser"!

Die Überfahrt in die Niederlande brachte mich in den Fahrradhimmel. Eine gute Infrastruktur und sichere Wege zum Radfahren führten zu einer guten Stimmung. Auf den letzten 20 km von Rotterdam bis Hoek van Holland kommt man an der Schwerindustrie vorbei, aber das Erreichen der Maasmündung war ein guter Ausgleich - mit Blick auf die Nordsee!

Kurz gesagt, das 90.000 km lange Europäische Radwegenetz ist eine großartige Gelegenheit, neue Abenteuer zu entdecken. Ich freue mich schon auf die nächste Reise!

Dem Abenteurer Lukas können Sie auf www.bikingboundlessly.com folgen. Neben der Gründung von Bikingboundlessly, stellt er auch Social-Media-Inhalte über verantwortungsvollen Tourismus bereit. Begeisterte können ihm auf Instagram und Facebook folgen.

Alle Bilder wurden von Lukas Sentner aufgenommen.